Wie viel Entfaltung braucht der Mensch? 15. 7. 13
Ein Fahrrad kann u. a. eingesetzt werden
zum Pendeln, d. h. für den Arbeitsweg,
für sportliche Wettbewerbe und Training
oder für Reisen
Das folgende gilt vor allem für Reisen.
Da ich in den Bergen wohne, interessiert mich an dieser Frage vor allem der
untere Rand, d. h. eigentlich müßte die Frage lauten, wie wenig Entfaltung
verträgt der Mensch? (Entfaltung ist hier der Weg, den das Fahrrad bei
einer Umdrehung des Tretlagers zurücklegt) Bis zum Erscheinen der Mountain
Bikes gingen die Fahrradhersteller von der Idee aus, was für Rennfahrer gut
ist, muß auch für Alltagsradler passen und statteten ihre Produkte mit einer
kleinsten Übersetzung von 42: 26 Zähne aus, das entspricht bei einem Hinterrad
mit 28" einer Entfaltung von 3,5 m. Die später erhältlichen Ritzel
mit 28 Zähnen
galten schon als "Rentnerteller". Bei Mountain Bikes galten bald 2
Meter als ideal. Dann war von einer 1: 1 Übersetzung, z. B. 32 : 32 die
Rede, das gibt bei den inzwischen üblichen 26" gerade diese 2 Meter. 1995
schrieb ich in einem Artikel über eine Fahrt über das 2770 m hohe Stilfser
Joch, daß ich die selbst gebastelten 1, 3 m für sehr angenehm hielt.
Inzwischen benutze ich bei einem 500 mm
Hinterrad 26 : 34, das ergibt eine
Entfaltung von 1,2 m.
Schwieriger ist es bei Hinterrädern mit 26 oder 28“. In der Online-Zeitschrift
„Fahrradzukunft“ Nr. 2 sind verschiedene Eigenbaulösungen beschrieben, bei
denen Ritzel, die als kleinste
Zahnkränze bis zu 14 Zähnen herab verwendet werden. Das ergibt eine Entfaltung
von 0,9m!
Wie langsam?
Mit einer Entfaltung von 1,2 haben weder meine Frau auf ihrem Kompaktlanglieger noch ich auf meinem Kurzlieger irgendwelche Probleme. Bei Erfahrung und einer gut abgestimmten Lenkung sind mit etwas Konzentration auch 4 oder gar 3 km/h möglich. Das ist natürlich nichts für dynamische Sportler, aber für 74 jährige Genußradler mit Gepäck an 12% Steigung ist das ein durchaus passabler Betrieb, man hat nämlich mehr von der Gegend, wenn man langsamer fährt, nicht nur, daß man mehr Zeit zum Genießen hat, durch den niedrigeren Leistungseinsatz hat man auch mehr "Kapazität" für das Erleben der Landschaft übrig. Sobald man wirklich erschöpft ist, überdeckt dieses Gefühl praktisch alles andere.
Ein Beispiel:
Bei 75 + 15 kg = 90kg Gesamtgewicht braucht man an 10% Steigung bei 5 km/h etwa 130 Watt. Das können etliche ohne Erschöpfung einige Zeit aufbringen, bei 10 km/h und den gleichen Voraussetzungen braucht man aber ca. 265 Watt und da besteht für viele bald die ganze Welt nur noch aus Steigung.
NOCH langsamer!
Vor 3 Jahren war ich zwei mal mit einem selbst gebauten Anhänger und 15 kg Gepäck für meine Frau und mich unterwegs und fand, daß eigentlich NOCH etwas weniger "mehr" wäre. Ein Katalogstudium ergab, daß die Mountainbikes inzwischen Kettenblätter mit 42-32-22 Zähnen. aufweisen. - z. B. die Shimano LX Dies ergibt beim 500mm - Hinterrad und 34er Ritzel eine kleinste Entfaltung von sage und schreibe 0,99m! Jetzt fahre ich auch an 13% Steigung normal im 2. Gang und habe für Anhängerbetrieb noch einen Gang in Reserve..
Wie fühlt sich´s an?
Das Fahren mit solch niedrigen Geschwindigkeiten ist allerdings recht gewöhnungsbedürftig (Die häufigste Vokabel in der Liegeradszene). Beim ersten Versuch merkt auch der gelassenste Fahrer, wie stark wir alle unbewußt auf Geschwindigkeit fixiert sind. Mir kam die Erinnerung an die erste Bergtour mit einem erfahrenen Bergsteiger, der für mich geradezu lächerlich langsam stieg. Sein Rezept: wenn ich so langsam steige, daß ich keine Pause brauche, kann ich die Berge am besten genießen, tue meinem Körper etwas gutes (und komme dennoch meist früher oben an, als manche, die mich zunächst überholt haben) Die größte Entfaltung beträgt bei 42:11 Zähnen 5, 84 m. Bei einer Trittfrequenz von 85 fährt man damit 30. Mir persönlich genügt das, wenn es schneller den Berg hinab läuft, höre ich ohnehin mit dem Treten auf.
Zum selber rechnen:
Geschwindigkeit V = Trittfrequenz T<U/min> x Entfaltung
E<Meter/Umdreh.>.x 60 durch
:1000
V = T x E x 60 / 1000 = T x E /16,7
Reifen für
Liegeräder
Für die Bezeichnung der Reifen sollte man sich
die ETRTO - Bezeichnung angewöhnen, 47 x 559 z. B. bedeutet, der Reifen
ist 47 mm breit und hat in der Felgenauflage einen Durchmesser von 559 mm, da
sieht man gleich, jeder Reifen mit dem Maß 559 paßt auf die gleiche Felge. Die
Zollbezeichnung für diesen Reifen wäre 26 x 1,75, wobei 26 den Außendurchmesser
in Zoll und 1,75 die Breite in Zoll bedeutet. Dabei paßt aber durchaus nicht
jeder 26" Reifen auf die gleiche Felge. Es gibt 26"-Reifen mit
584 und 559 mm Innendurchmesser. Man sollte also diesen alten Zopf endlich
abschneiden. Hinten kommt praktisch jeder Reifen ab 400 mm Felge in Frage. Ich
nehme gern den Conti Avenue (ATB- Slick) wegen seines seidenweichen Laufs
und seines niedrigen Rollwiderstands. oder den Schwalbe Marathon wegen seiner
hohen Lebensdauer. Vor allem bei Federung verwende ich auch hinten aber
inzwischen meist Räder mit 500 mm Durchmesser.
Das Fahrzeug wird kompakter, handlicher, steifer und leichter und man hat
eine günstigere Radausweichrichtung. Außerdem braucht man auf Reisen nur einen
Ersatzreifen (Wenn man vorn auch ein Rad mit 500 mm hat). Das
kleinste brauchbare Rad ist m. E. auch vorn 47 x 305, 57 x 305, oder 37 x 340,
(alles 16")
Wenn ich aus irgendwelchen Gründen (z. B. tieferes Tretlager oder
Tieflieger für Kurz- beinige) 400 mm verwende, nehme ich ganz gern den 54
mm breiten Cityjet. . Er verträgt hohen Druck und macht das an sich etwas
nervöse kleine Rädchen eine Spur stabiler bei höheren Geschwindigkeiten. Noch
mehr Last verträgt der 58 mm breite Vorderreifen des amerikanischen Rans -
Tandems, den die Fa. Pedalkraft vertreibt. Dann kommt 32 x 369, 17" von
Moulton, ziemlich teuer, leicht laufend und bis 90 Psi Druck vertragend.
28 x 390 verwendete Kurt Pichler früher für seine Vorderräder, die Reifen
hatten aber hohen Rollwiderstand und niedrige Lebensdauer. Dann wird es
verwirrend, da kommen nämlich 7 verschiedene 20"-Reifen, die 3 verschiedene
Felgen erfordern
37 x 451 ist eine noch einigermaßen erhältliche Größe, 28 x 440 verwendete
Radius früher als Vorderrad, 37 x 440 gibt es auch. 37 x 438 verwendete Flevo
früher und 406 Reifen gibt es mit 32, 37, 47 und 57 mm Breite. Ein sehr
robuster und tragfähiger Reifen stammt vom La Luna von Schauff. Übrigens
passen auch Mofa - Reifen 16 x 1 auf 406 Felgen
Für die Auswahl der Reifen und Felgen kommen folgende Kriterien in Frage:
- Preis, die Spannweite reicht von etwa 8€.- für einen Klappradreifen - bis ca. 30.- für den Marathon Plus
- Auswahlmöglichkeit hier sieht es bei
kleinen Rädern z. Z. noch nicht rosig aus. Günstig schneidet hier die
Größe 406 ab, bei der man immerhin auf die ganze Klapprad- und BMX-
Palette zurückgreifen kann. Schwalbe, Conti u. a. haben aber
inzwischen auch speziell für Liegeräder entwickelte Reifen im Programm
- Fahrkomfort, hängt vor allem vom Luftdruck und der Reifenbreite ab
- Verfügbarkeit auf Reisen, auch dies spricht für den 406er Reifen
- Rollwiderstand, er hängt vor allem vom Luftdruck ab. Beim
Aufpumpen von den bei vielen Alltagsrädern üblichen 1,5 auf 3,5 bar fällt
er z.B. von 0,0077 auf 0,004, d. h. um ca. 40%, von 3,5 auf 6 bar
allerdings nur noch um 25%. Eine größere Reifenbreite VERKLEINERT
den Rollwiderstand, wenn alles andere gleich bleibt. (Das wissen immer
noch die wenigsten, nach zu lesen z. B. in Pro Velo 32 ) Auch
die Reifenkonstruktion hat einen großen Einfluß
- Luftwiderstand, ein 47 mm breiter Reifen hat ca. 95 qcm mehr
Fläche als ein 28 mm breiter, da er aber nur z. T. frei läuft nimmt
die Gesamtquerschnittsfläche höchstens um ein Prozent zu. Immerhin ist
der Luftwiderstand neben dem Gewicht der Hauptgrund, daß Rennfahrer trotz des
höheren Rollwiderstands immer noch sehr schmale Reifen fahren.
- Gewicht, ein 47 x 406 wiegt ca. 540 g, ein 28 x 390 nur 330 g
- Brauchbarkeit für besondere Betriebsverhältnisse, auf Sand,
Geröll und Schienen ist ein breiter Reifen deutlich von Vorteil
- Tragfähigkeit, nimmt mit Breite, Größe und Druck zu, hängt aber
auch von der Reifenkonstruktion ab
- Lebensdauer, wird von Gummimischung, Breite und Durchmesser
beeinflußt
- Pannensicherheit, eine echten Fortschritt hat hier der Schwalbe
Marathon Plus gebracht, für 406 und 359
mm verfügbar
Wie stark die Fahrbahnoberfläche den Rollwiderstand beeinflußt, geht aus folgender Tabelle hervor. (Quelle Fiets 8/95)
feiner Asphalt 0,0032
grober Asphalt 0,0039
Klinker 0,0074
Schotter 0,0099
Kopfsteinpflaster 0,0190
Zusammenfassend möchte ich sagen, daß in meinen Augen 406 das aussichtsreichste Format ist, im Alltag mit 37, 47 oder gar 60 mm Breite; diese breiten Reifen werden auch nicht so leicht von Straßenbahnschienen eingefangen und wenn man mit zu wenig Luft fährt, hat man nicht so schnell eine Delle in der Felge.
Neue Reifen
für Liegeräder
Nach Mitteilung des Fa. Pedalkraft,71254 Ditzingen, Tel 07156 8369, gibt es
inzwischen u. a. folgende weitere Reifen:
Schwalbe Marathon mit Reflexstreifen in den Größen 40 –305, 47-305, 47-406
Conti Top Touring 57-305
Schwalbe Big Apple 50-305, 50-406 und
60-406 , Schwalbe Marathon Plus
47 x 406 (mit Pannenschutz), für mich die interessanteste
Reifenentwicklung der letzten Jahre, nach meinen bisherigen Erfahrungen nach
Jahrzehnte langen mehr oder weniger erfolglosen Versuchen der erste
Pannenschutz, der wirklich funktioniert. Die Firma Eberhard bietet inzwischen
darüber hinaus eine geradezu riesige
Auswahl an weiteren Liegeradreifen
Reifen, Felgen, Bremsen
Bei kleinen Rädern mit 500 oder gar 400 mm Durchmesser (20 oder
16") ist die wärmeabgebende Fläche beim Bremsen mit Felgenbremsen viel
kleiner, die Felgen werden bei steilen langen Abfahrten beängstigend heiß.
Dieses Problem verschärft sich, wenn man wie ich, die Berge aus Genußsucht LANGSAM abradelt, weil dann die am Anfang im
Fahrzeug steckende potenzielle Energie fast vollständig als Wärme in
Bremse und Felge erscheint und der kühlende Fahrtwind sehr viel schwächer ist.
Bei schnellem Abfahren wird ein wesentlicher Teil der Energie durch Erzeugung von
Luftwirbeln abgebaut. Für
Reiseräder sehe ich deshalb eine Scheibenbremse vor, normal vorn, an
meinem Tandem hinten. Am Tandem hat sich gezeigt, daß beim Abradeln einer 5 km
langen Strecke mit ca. 7% Gefälle die Scheibe bereits nach der Hälfte der Strecke
Anlauffarben zeigt und die Bremswirkung sehr stark nachläßt. (Gesamtgewicht des
Fahrzeugs 145 kg, Bremse Magura Clara) Inzwischen habe ich auch vorn eine
Scheibenbremse eingebaut und dann gleich mit großer 210 mm Scheibe, jetzt gibt
es auch bei Alpenfahrten keine Probleme.
"Ganz kleine" Reifen
Als Reifen für 400 mm Räder habe an etlichen Rädern den Schwalbe Cityjet 54 x 305 verwendet, mit guter Lebensdauer, hohen Druck vertragend, schienenunempfindlich, auch auf weichem Boden noch passabel fahrbar. An meinem Tandem ließen sich diese Reifen bei dem erforderlichen Druck von 5 bar sehr schwer rundlaufend auf die 22 mm breite Grünertfelge montieren und nach 300 km ist der erste geplatzt. Schwalbe meinte, der Reifen sei mit dem Innendurchmesser über der Toleranz gewesen und hätte eigentlich nicht ausgeliefert werde dürfen. Als Ausgleich erhielt ich 2 neue Reifen, was ich sehr anständig finde. Allerdings saß einer davon bald wieder schief. Friedrich Eberhard von der Firma Pedalkraft vermutete, daß dies auch ein Felgenproblem sei und hat mir daraufhin 2 Reifen und Felgen besorgt, die Rans für ihr Tandem vorn verwendet. Der Reifen mit der Bezeichnung Maxxis 58 x 305 kommt aus Taiwan und verträgt 110 Psi. Die Felge ist erheblich breiter (leider habe ich zu messen vergessen), trägt die Bezeichnung "Alex" und hat sage und schreibe 16 Speichenlöcher. Laut Aussage von Friedrich hält das einwandfrei, wenn man auf einer Seite Loch - Speiche -Loch und auf der anderen Seite Loch - Loch -Speiche - Speiche einspeicht (Die Nabe hat 32 Löcher). Dies zeigt m. E. wieder mal, wie unwahrscheinlich stabil solche kleinen Felgen sind, das erleichtert dann auch den Speichen gravierend das Leben. Da ich hinten unbedingt die 3x7 verwenden wollte, mußte ich 36 Löcher haben, wobei ich nur 13 von den vorhandenen verwenden konnte und z. T. "linke" Löcher für rechte Speichen und umgekehrt verwenden mußte, sieht etwas abenteuerlich aus, aber funktioniert bis jetzt, ca 1000 km . Inzwischen kam ich günstig an eine Rohloffnabe. Die wurde mit einer neuen Felge (32 Löcher, erschwert die Beschaffung) und Scheibe eingebaut.
Geschütteltes (Schaltwerksprobleme)
Bei der Good Will Tour anläßlich der Deutschen HPV - Meisterschaft 2001 in Leer ließ sich die Kettenschaltung an meinem Kurzlieger K 14 nach 30 km nicht mehr bedienen. Eine Nachschau ergab, daß ich das obere Schalträdchen des Shimano LX -Schaltwerks verloren hatte. Zum Glück war 200 m weiter ein hilfreicher Hinterhof -Fahrradmechaniker tätig, der mir für 3 Gulden ein neues (gebrauchtes) Rädchen einsetzte. So blieb mir erspart, die Kette zu kürzen (Dafür hatte ich das entsprechende Werkzeug dabei) und mit einem (mittleren) Gang zurück zu fahren. Später fiel mir ein, daß mir vor 3 Jahren und vor ca 5 Jahren ein Stift aus einem Sachs 5000 Schaltwerk herausgefallen war und vor ca 10 Jahren ebenfalls ein Schalträdchen. Den einen Stift am Sachsschaltwerk konnte ich durch einen passenden Draht ersetzen und so die Reise fortsetzen. Ich vermute, daß diese relativ häufigen Schäden an meinen Schaltwerken mit meiner extrem weichen Hinterradfederung zusammenhängen. Dies führt auf der einen Seite zu einem traumhaften Fahrkomfort, beschert auf der anderen Seite aber dem Hinterrad wesentlich höhere Beschleunigungen. Daß dies dem Schutzblech nicht bekommt, hatte ich schon gleich am Anfang meiner Liegeradbauerei gemerkt, daß auch das Schaltwerk darunter leidet, fiel mir erst jetzt auf.
Mögliche Konsequenzen.
1 Härtere Federung verwenden (kommt für mich verwöhnten Menschen natürlich
nicht in Frage)
2 Nabenschaltung verwenden (reicht außer der Rohloff für Berge + Gepäck nicht
aus und ist ansonsten auch Geschmacksache)
3 bei Reisen ein Schalträdchen mit dem zugehörigen Bolzen mitnehmen
4 die Rädchen demontieren, die Bolzen sorgfältig reinigen und mit Loctite oder
einer ähnlichen Schraubensicherung wieder
montieren
5 Das Schaltwerk in den gefederten Bereich verlegen, wie das Ostrad bei manchen
Typen macht
6 Da Federungen immer häufiger auftreten und im Laufe der Zeit sicher auch
immer weicher werden, sollte die Komponenten - Industrie vielleicht mal
über das Problem nachdenken
Zu der Frage, was ist "weich" bei einer Hinterradfederung.
Ein gutes Maß für den zu erwartenden Fahrkomfort ist die Eigenfrequenz s
des Fahrzeugs. Ziemlich genau kann die Eigenfrequenz auf folgende Weise
gemessen werden: Der Fahrer setzt sich in normaler Position auf das Rad und ein
Anderer bringt die Federung durch rhythmisches Drücken und wieder Loslassen zum
Aus- und Einfedern. Das Ergebnis kann
etwa so interpretiert werden:
s über 200 : nur "Rahmenbeanspruchungsverminderungsvorrichtung"
s = 150 : brauchbarer Komfort
s unter 120: traumhaftes Sänftengefühl
Mein K 14 mit 70 kg -Fahrer hat übrigens eine Eigenfrequenz von 108!
Gefedertes Gepäck?
Die Federung ist auch bei Alltagsrädern deutlich auf dem Vormarsch. 1976
baute ich mein erstes voll gefedertes Fahrrad und 1980 mein erstes Liegerad mit
geschobener Schwinge vorn , üppiger Federweg hinten (ca 120 mm). Deshalb
verfolge ich diese Entwicklung mit einer gewissen Genugtuung. Noch 1990 sagte
mir ein Liegeradbauer "Federung? Brauche ich nicht!" Bekanntlich gibt
es 2 Grundbauarten:
Gepäckträger am Rahmen befestigt bezw. in diesen integriert
und
Gepäckträger auf die Schwinge aufgebaut.
Von der "reinen Lehre" her ist die erste Bauart deutlich zu
bevorzugen. Der Rahmen wird zwar stärker beansprucht, aber das Gepäck wird
nicht durchgeschüttelt und Zuladung von Gepäck verschlechtert nicht das
Federungsverhalten indem es die unabgefederte Masse vergrößert. Inzwischen sehe
ich die Sache aber doch etwas differenzierter. Bei Bauart 1 ist eine
Verstellung der Federhärte fast zwingend, da sonst entweder die Federung ohne
Gepäck viel zu hart sein muß oder die Federung bei starker Zuladung ständig
durchschlägt. Nach meinem Eindruck sind die meisten Hinterradfederungen, ob mit
oder ohne Verstellung, immer noch recht hart. Aus taktischen Gründen ist dies
aber wahrscheinlich klug, da auch eine harte Federung gegenüber einem
ungefederten Rad schon einem großen Komfortgewinn bringt und eine wirklich
weiche Federung allein schon beim Draufsetzen zunächst gewöhnungsbedürftig ist
. Beim Liegerad kann man übrigens sehr viel leichter eine wirklich komfortable
Federung verwirklichen als beim "Normalrad", weil man keine Probleme
mit der Sitzhöhe im unbelasteten Zustand bekommt und mehr Platz fürs
Schwingenlager hat. Da der größte Teil der Alltagsfahrer erfahrungsgemäß eine
Federbein -Verstellung nicht benutzen würde, hat eine Befestigung des Gepäcks an
der Schwinge den Vorteil, daß man die Federung komfortabler auslegen kann und.
U. auf eine Verstellung ganz verzichten kann. Unter diesen Gesichtspunkten
finde ich, ist für einen Alltagsfahrer, der nur gelegentlich mal ein paar Pfund
Einkauf auflädt, die Bauart 2 sogar die bessere Alternative Die Toplösung wäre
ein Rahmen, bei dem der Gepäckträger in den Rahmen integriert ist
und ein elektronischer Fühler sorgt dafür, daß die Federung im Ruhezustand
immer gleich weit einsinkt. Verstellt wird bei höherer Last aber nicht einfach
die Federvorspannung, wie allgemein heute noch üblich, weil dadurch ohne Last
ein schlechterer Fahrkomfort als mit Last gegeben ist. Es wird vielmehr die auf
das Rad bezogene Federkennlinie verändert. Dadurch ist bei jeder Belastung der
optimale Komfort gegeben. Eine solche Verstellung könnte z. B. durch
Verschieben des Federanlenkpunktes an der Schwinge geschehen, wie das Ostrad
macht. Eine solche Verstellung ist sehr effektiv, weil eine Veränderung des
Abstandes Schwingendrehpunkt - Federanlenkung sich quadratisch auf die
effektive Federhärte auswirkt. Die Verstellung könnte etwa durch einen
winzigen, batteriebetriebenen E-Motor geschehen oder als I- Punkt durch eine
Feder, die durch die Federungsbewegungen vorgespannt wird
Tief =Schnell?
Oliver Zechlin hatte im Info
Bull schon mehrfach Berichte über Touren auf „Tiefliegern“ geschrieben. Im Info
Bull 93 erschien von ihm ein Artikel
über einen Urlaub in Mallorca auf einem 26
Zoll Kurzlieger von Zox.
Wie für Oliver, sind für
mich Tieflieger sehr faszinierende Geräte und ich habe welche bis zu einer
Sitzhöhe von 180 mm herab gebaut.(niedriger geht bei Spannsitz und Federung
hinten und vorn kaum, schon jetzt setzt bei großer Schräglage gelegentlich die
Sitzkante auf.)
Besonders aufgefallen ist
mir der Satz, daß sein Kurzlieger „fast so schnell davon rollte, wie sein
Tieflieger“. Dies stimmt völlig mit meinen Erfahrungen überein. Auch Hanno
Hirsch (Betreuer der Gebraucht – Lieger – Datei), der sich gerade einen
Tieflieger gebaut hatte, meinte, zunächst fand er sich sehr schnell, das liege
wohl daran, daß die Straße näher an den Augen vorbei rauscht. (Ein extremes
Gegenbeispiel: mit 5000 m Augenhöhe scheint selbst bei 1000 km/h die Erde recht
langsam unter einem vorbei zu ziehen.) Die Enttäuschung kam bei Hanno, als er
einen Tacho anbaute.
Die Faszination des Tiefliegers beruht m. E. hauptsächlich auf Gefühlen (und auf übertriebenen Erwartungen aufgrund von Presseaussagen über deren „wahnsinniges Geschwindigkeitspotenzial" sowie auf voreiligen Schlüssen aus Beobachtungen bei Rennen. Wenn ein Tieflieger mit 100 m Vorsprung vor „Normalliegerädern“ gewinnt, ist das natürlich eindrucksvoll. Bei einer Renndistanz von z. B. 50 km bedeutet das effektiv aber einen Geschwindigkeitsvorteil von gerade mal 2 Promille! Und diese 2 Promille reduzieren sich noch einmal bei den im Alltag gefahrenen viel niedrigeren Geschwindigkeiten, weil die für die Überwindung des Luftwiderstands erforderliche Leistung mit fallender Geschwindigkeit mit der 3. Potenz abfällt.
Meine Behauptung: Der Geschwindigkeitsvorteil eines Tiefliegers gegenüber einem Kurzlieger mit schmalem oben liegendem Lenker, gleicher Lehnenneigung und gleicher Tretlagerüberhöhung ist im Alltag vernachlässigbar. Wohlgemerkt, ich rede hier nicht vom Fahrgefühl.
Eine ähnliche Geschichte hat sich ja schon einmal ereignet. Da Langlieger im Rennen nicht mehr mithalten konnten, kaufte kein Mensch mehr welche und erst einige Jahre später stellt man dann fest, daß ein gemäßigter Langlieger im Alltag durchaus seine Vorteile hat.
Also, Tieflieger sind toll,
aber bitte keine übertriebenen Erwartungen erzeugen, sonst ist die Enttäuschung
vorprogrammiert und dann wird leicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, in
dem Sinne von „also, diese Liegeräder sind auch nicht das Gelbe vom Ei.“
In diesem Zusammenhang fällt mir ein uralter Artikel von Prof. Fieblinger aus Kassel im Pro Velo ein. Er hatte Renn- und Trekkingräder sowie seinen Avatar, den von Prof Wilson konstruierten Urvater fast aller Langlieger mit einem PC versehen, der über einige Wochen genau den Fahrtverlauf bei seinem ca 15 km langen Arbeitsweg aufzeichnete. Außerdem wurden Luftwiderstand und Rollwiderstand ermittelt. Die Auswertung ergab, daß er mit dem Liegerad meist schneller war, als auf Grund der Fahrwiderstände zu erwarten war. Seine einzige Erklärung: Liegeradfahren macht halt mehr Spaß, d. h. motivierte ihn, oft einen Tick mehr Power zu investieren
2013 bin ich dann ganz zum Tieflieger zurück gekehrt,
aber nicht wegen niedrigem Luftwiderstand, sondern weil mir nach einem Sturz mit
unserem Tandem klar wurde „Tief = sicher“, je geringer die Fallhöhe, desto niedriger die Verletzungsgefahr bei
einem Sturz. Die erhöhte Gefahr übersehen zu werden und die geringere Übersicht
spielt bei meinem Fahrbetrieb kaum eine Rolle und wird m. E. ohnehin
übertrieben. Einem Autofahrer der meinte, da unten sähe ich doch kaum etwas,
antwortete ich, in Ihrem Auto sitzen sie auch kaum höher , worauf er
nachdenklich schwieg.
Bei meinem Kompakt – Kurzlieger K12G habe ich auch auf niedriges Gewicht geachtet. Angepeilt hatte ich 10 kg, es wurden dann doch reichlich 11 und mit der dieses Jahr eingebauten Federgabel 11,8 kg. Als Kettenradgarnitur hatte ich eine günstig erhältliche Dura Ace vom Vorjahr eingebaut. Die hat aber nur 2 Kettenblätter 52- 42 Zähne. An steilen Bergen war mir das trotz des kleinen Hinterrads mit 400 mm zu viel. Also brauchte ich ein drittes Kettenblatt, das bei der Dura Ace nicht vorgesehen ist. Ich wollte in das gute Stück ungern 5 weitere Löcher bohren, wie ich das bei einem anderen Rad gemacht hatte.
Die Lösung sah dann so aus:
5 Streifen aus Alublech 3mm, 15 mm breit und 45 mm lang werden aufeinander gelegt, mit einer Gripzange o. ä. zusammen geklemmt und erhalten in einem Rutsch 2 Bohrungen in 30 mm Abstand. Damit wird das kleine Kettenblatt mit den Schrauben für das 42er und 5 zusätzlichen Schrauben befestigt, und zwar so, dass das kleine Blatt von rechts gesehen etwas im Uhrzeigersinne verdreht ist. Die Alustreifen stehen also nicht ganz radial.
Ein Fahrradmechaniker geriet auf einem Parkplatz in La Palma ganz aus dem Häuschen, als er dies Detail entdeckt hatte. Er hatte sofort erkannt, dass man auf diese Weise im Prinzip jedes Kettenblatt mit jeder Kurbel verbinden kann, unabhängig von den leider oft verschiedenen Lochkreisen. Beim Abstand der Bohrungen ist keinerlei Genauigkeit erforderlich, die Blechstreifen stehen halt mehr oder weniger schräg. Nur kürzer als der bei radialer Stellung erforderliche Abstand darf er natürlich nicht sein.