Etwas Deutsche HPV –
Geschichte 5. 2. 09
aus der Sicht eines Gründungsmitglieds
Anfang 84 rief mich Michael Malich an, in der Eifel würden sich Leute treffen, denen an der Weiterentwicklung des Fahrrads gelegen sei. Ich stände zwar nicht auf der Einladungsliste, aber er habe meinen kleinen Artikel über mein Eigenbauliegerad "Alfa" in "Radfahren" gelesen und könne sich vorstellen, daß ich interessiert sei. Ein Anruf bei Wolfgang Gronen, der u. a. als Kontaktadresse angegeben war, ergab, daß ich willkommen sei., nur keine Übernachtungsmöglichkeiten beständen, als Besitzer eines kleinen Campingbusses kein Problem für mich. Da ich Platz genug hatte, lud ich neben meinem Alfa gleich noch 2 weitere Eigenbauten ein. In dem kleinen Gasthaus in Binningen trudelten dann nach und nach ein:
Wolfgang Gronen, der schon einige Jahre vorher Mitglied bei der IHPVA geworden war, einen der ersten Vektoren nach Europa gebracht hatte und der das ganze initiiert hatte, H.A. Verspohl mit einem zierlichen Dreirad, Peter Ronge, Andreas Fortmeier und Peter Jakobsmeyer mit dem Prototyp ihres Peer Gynt, damals noch Troll genannt, Siegfried Abraham,der dann die ersten HPV - Nachrichten herausgab, Peter Brückner vom Fernsehen, der über die zigtausendfach verteilten Liegeradbauanleitungern der Hobbythek von Burkhard Fleischer (der ebenfalls da war) an die Liegeräder gekommen war, Eggert Bülk mit seinen Söhnen und einem extrem niedrigen Dreirad mit Frontantrieb, Peter Messerschmidt mit dem Rollfiets, Prof. Schöndorf mit seinem neuesten Muscooter, Friedl Aichhorn, der mit dem IC bis Koblenz gefahren war, und den Rest mit seinem "Ei" erledigte, dessen Repräsentation er mit einem fotogenen weißen Overall unterstrich, H. P. Pluchansky mit einem fast fertigen Langlieger mit selbsttragender GFK-Karosse; Peter Mickenbecker führte ein zum Tandem umgebautes Reitrad vor und Gerhard John hatte ein paar Exemplare seines Liegedreiradkatalogs dabei, Klaus Dieter Geisert, der inzwischen leider bereits verstorben ist, führte sein Roulandt mit Motorunterstützung vor, Peter Ernst berichtete von den Erfahrungen des eben gegründeten Vereins Future Bike und der ersten Broschüre. Weitere Teilnehmer waren u. a. Reinhard Fritz, F.Hollubarsch, Volkmar Kluge, C. H. Smolik, Martin Syga; Michael Malich, Dieter Burmeister, insgesamt nach meiner Erinnerung etwa 45 Teilnehmer, darunter einige Veleric-Besitzer, was mir damals noch gar nichts sagte.
In der alten Schule hatte W. Gronen eine kleine Ausstellung arrangiert, mit 2 Vektoren, einem ruhmreichen Weltrekordrad, einem Moulton, und den von den Teilnehmern mitgebrachten Liegerädern. Mit HPV. üblicher Verspätung begann dann eine Versammlung, in der zunächst Wolfgang Gronen etwas über die IHPVA sagte und die Gründung eines ähnlichen Vereins in Deutschland vorschlug. Einige, darunter auch ich, waren gegen einen Verein, konnten sich aber nicht durchsetzen. Eine Fraktion mit Dieter Geisert an der Spitze setzten sich stark für eine Anlehnung oder einen Anschluß an den ADFC ein. Auch ein Anschluß an den BDR stand zu Debatte, letztlich war aber doch dann eine Mehrheit für einen eigenen Verein. Jetzt ging es um den Namen. Einige (ich auch) wollten einen deutschen Namen, schließlich wurde das Argument akzeptiert, daß es eben schon mehrere HPV - Vereine gäbe. Der erste Vorstand bestand aus Peter Ronge (1. Vors.), Dieter Burmeister,(2. Vors.), Siegfried Abraham, (Schriftführer) und Friedl Aichhorn, (Kassierer). Nach der Wahl wurden dann auf der Dorftraße noch ausgibig die mitgebrachten Gefährte getestet.
Im nächten Jahr fand in Erlangen die "richtige" Gründung statt, weil dies der einzige Ort war, an dem die für die Gründung eines Vereins erforderlichen 8 potentiellen Mitglieder greifbar waren. Deshalb ist der vereinsrechtliche Sitz bis heute Erlangen, übrig geblieben ist davon fast nur ein Postfach .
Die ersten Vereinsnachrichten gab bereits im Juni 85 und darauf folgend in jedem geraden Monat Siegfried Abraham heraus. Anfang 86 gab er die Herausgabe wegen anderweitiger Beanspruchung an den neuen Schriftführer Wolfgang Rückert ab, Ende 86 erschienen die Nachrichten wieder. Auf einen entsprechenden Aufruf nach Vorschlägen für ein Emblem gingen 7 Entwürfe ein, die Mehrheit entschied sich für den Vorschlag von Britta Bartsch. Ende 68 gab auch Wolfgang aus beruflichen Gründen die Herausgabe auf, nach einem längeren "Loch" sprang dann Andreas Fortmeier in die Bresche. Nach 4 Heften mußte auch er einsehen, daß die Belastung neben seinem Job zu hoch war. Ab 89 gab dann Dieter Schwarz, der neue Schriftführer die HPV - Nachrichten heraus. Da er nach einiger Zeit durch den Aufbau seines neuen Ladens stark in Anspruch genommen war, beschloß die Mitgliederversammlung, die 'HPV -Nachrichten in Pro Velo erscheinen zu lassen, das Burkhard Fleischer gerade von Dr Bode übernommen hatte.
Im Herbst 85 führte die Fahrradforschungsgruppe um Prof. Falk Ries in Oldenburg ein Symposium rund ums Fahrrad durch, bei dem Liegeräder eine erhebliche Rolle spielten
Die ersten beiden Deutschen Meisterschaften fanden 86 und 87 in Traunstein statt, organisiert von Friedl Aichhorn, der noch lange an dem davon herrührenden Defizit knapperte.Als Besonderheit fand ein Bergrennen und ein Ausrolltest statt. Beim 2. Mal genossen wir alle die schöne Landschaft und das herrliche Wetter, nicht ahnend, daß das saftige Gras, in dem wir saßen, wahrscheinlich durch die Zschernobil -Katastrophe und den herschenden Ostwind einiges abbekommen hatte. 88 und 89 traf man sich auf Vermittlung des neuen Kassierers Gernot Illmann in Nümbrecht, zu Gast beim dortigen Motorsportclub, 9o fand dann in Münster die erste "richtige" Europameisterschaft statt, durchgeführt vor allem von den Radius - Mannen. . Mit 150 Teilnehmern war dies mit Sicherheit die größte HPV - Veranstaltung überhaupt, die es bis dahin und noch für einige weitere Jahre gegeben hat. 91organisierte die Liegeradgruppe Hannover das jährliche HPV - Fest zusammen mit dem damals noch "DDR -nahen" Landkreis Helmstedt
Geschichte des Liegerads
1685 baute sich der Nürnberger Uhrmacher Farfler, als er sich den Fuß gebrochen hatte, dieses Sesselrad mit Handantrieb |
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1881 Das erste bekannte Liegerad aus England, bereits mit ergonomischer Körper- und Handhaltung, angedeutem Wetterschutz und Kofferraum
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1893 Karikatur über ein Liegerad in den "Fliegenden Blättern“ |
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1885 Der Schweizer Hersteller Challand baut ein Halbliegerad und nennt es Normal-Bicyclette |
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1886 J. F. Wales aus den USA läßt sich ein Patent über das Challand erteilen |
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1897 Bauchliegerad des Amerikaners Darling, Challand bringte eine weiter entwickelte Variante |
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1901 Langliegerad mit direkter Lenkung des Amerikaners Brown |
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1914 Peugeot baut das erste Liegerad in größerer Serie, (Langlieger mit indirekter Lenkung oben) |
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1920 Hesperus in Stuttgart baut das von Jaray konstruierte Liegerad mit Pendelantrieb |
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Ab1930 Charles Mochet macht Versuche mit Liegevier- und Dreirrädern, kommt schließlich zu Einspurern, die im Sport am Anfang stark belächelt wurden, aber sehr bald erfolgreich waren |
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1933, Francis Faure stellt mit einem Mochet -Rad eine Stundenweltrekord mit 45 km/h auf 1934, die UCI schließt Liegeräder vom offiziellen Radsport aus |
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1935, in England erscheint das Cyclo -Recumbent |
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Etwa 1935 Cycloratio präsentiert einen Kurzlieger, der kurz vorher erschienenen Ravat (links) ähnelt |
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Etwa 1935, 2 Liegeräder aus den USA, Das Grubb ist vielleicht der erste „Tieflieger“ |
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1935?, Triumpf aus England |
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1936 Der Sohn von George Mochet, Charles, bringt auf der Basis des Sportfahrzeugs eine Tourenausführung heraus, die bis ca. 1940 gebaut wurde und mit ihren 20" - Rädern, der verstellbaren Lehne und dem oben liegenden Lenker mit Übertragung durch Kreuzgelenk auch heute noch modern wirkt |
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1938 erschien dieses Modell Grubb Kingston in England, Preis 14 Pfund 14 Schilling |
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1947 Der Leipziger Ingenieur Rinkowsky beginnt mit Liegerädern zu experimentieren, u. a. mit Hand- und Fußantrieb, und baut schließlich einen Kurzlieger, schon mit 20"-Rädern vorn und hinten, spätere Ausführungen sind voll gefedert, die von ihm entwickelten Gürtelreifen mit 500mm Durchmesser und 47mm Breite wiesen einen Rollwiderstand auf, der nur ungefähr die Hälfte von heutigen schmalen 28"-Reifen betrug |
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Nach einem Bauplan des Schweden Ulf Cronberg bauten sich ab 1945 viele Scandinavier diese Dreirad mit mit selbsttragender Karosserie, das sogar schon eine Federung aufwies |
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etwa 1950, Kapitän Dan Henry baut einen Langlieger mit 28" Rädern vorn und hinten, beide Räder gefedert, indirekte Lenkung oben, und macht viele Reisen damit |
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ab etwa1970 beginnt Prof. Schöndorf an der FH Köln sich sehr intensiv mit Liegerädern zu befassen, in zahlreichen Studienarbeiten werden Erkenntnisse zu Luft- und Rollwiderstand, Ergonomie,Rahmenbau u. a. gesammelt und Prototypen mit 4, 3 schließlich nur noch mit 2 Rädern gebaut |
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1971 in den USA erscheint u. a. das Pedalauto von Bundschuh |
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ab etwa 1975 befaßte sich Prof. Dowidenas in Rußland mit Liegrädern, meist mit 4 oder 3 Rädern, dort Velomobil genannt. Er baut eine ganze Reihe unterschiedlicher Prototypen, im Bild ein Zweisitzer mit Ruderantrieb und Rollsitz |
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1976 Bei der Suche nach einem sichereren Fahrrad entwickelt Prof. Wilson am MIT in den USA erst den Kurzlieger Green Planet , dessen Weiterentwicklung Avatar 1000 und danach wegen der Bremsprobleme beim Kurzen das berühmte Avatar 2000, den geistigen Urvater der meisten nach dem 2. Weltkrieg gebauten Langlieger, wie Fateba, Pichler, Radius. |
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ca. 1982 Roulandt in Holland bringt seit vielen Jahren wieder das erste Liegerad in mittelgroßer Serie, (etwa um die gleiche Zeit bringt Velerique in Belgien einen vollverkleideten Tieflieger, ein mutiger Schritt, dem der Erfolg auch wegen technischer Mängel versagt blieb, vor allem war aber wohl die Zeit noch nicht reif. Das Roulandt hielt sich bis etwa 1982 |
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ab1984 nacheinander werden HPV-Verbände in der Schweiz, in England, Holland, Deutschland,Rußland, Polen, Dänemark, Frankreich, Belgien und Italien gegründet |
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1980 erfand ich das Liegerad (so glaubte ich damals), mit schmalen 28“ Rädern, wegen des Rollwiderstands, weicher Federung hinten und, weil ich schon beim Erfinden war, gleich mit Pendelantrieb |
Literatur zur Liegeradgeschichte
Evolution
of Recumbent Bicycles and the Design of the Avatar Bluebell", von David
Gordon Wilson u. a. in " "The Second Human Powered Vehicle Scientific
Symposium, Proceedings", herausgegeben von der IHPVA (International Human
Powered Vehicles Association), P. O. Box 51255, Indianapolis, IN, USA 466251-0255
"Introduction
- a brief historical retrospect" von C. Georg
Rasmussen in "First European Seminar on Velomobile
Design, Proceedings", herausgegeben von Danish Cyclist
Federation, Romersgade 7, DK
1362 Kopenhagen
Das Liegerad ,von Gunnar Fehlau , umfangreich bebilderte Übersicht überLiegeräder, , Moby Dick Verlag, Kiel, 93, DM 44.-
Velomobile, von V. Dovydenas, deutschsprachige Ausgabe erschienen im Verlag Technik, Berlin,1990, Ausführliche Darstellung der Liegeradentwicklung in Litauen, viele Bilder
Warum setzte sich das Liegerad bisher nicht allgemein durch
Das Verbot von Liegerädern im
Sport durch die UCI hat sicher eine große Rolle gespielt.
Bis etwa 1950 war m. E. ein
entscheidendes Hindernis das praktische Fehlen von Schaltungen mit breiter
Spannweite. Wenn es am Berg nicht mehr weiter ging, ging man auf Normalrädern
eben aus dem Sattel und jeder sah sofort, dass dies mit dem Lieger
nicht möglich war.
Für die Händler sind Liegeräder
wegen des höheren Platzbedarfs und des mehrfach höheren Beratungsaufwands
problematisch. Außerdem brauchen sie Mechaniker, die dafür geschult sind.
Ein Liegerad – erfahrener Pädagoge
meinte auch schon mal, ein Hindernis ist die Verbohrtheit vieler
Liegeradfahrer.
Einen weiteren Grund sehe ich
darin, dass im Stadtverkehr, in dem am meisten Fahrrad gefahren wird, die
Nachteile deutlicher und die Vorteile weniger deutlich in Erscheinung treten.
Warten wir also geduldig die weitereEntwicklung ab, versuchen keinen mit Gewalt zu
überzeugen, versuchen, Feindbilder abzubauen und freuen uns an der wunderbar
entspannten Position auf unseren Liegern.