Energiesteuern als Ausweg? 1. 2. 08
Die konventionelle Betriebswirtschaft betrachtet seit Adam Smith (1723 – 1790) als so genannte Produktionsfaktoren nur
Boden – Kapital – Arbeit.
Energie, die in der modernen Produktion eine immer größere Rolle spielt, ist dabei auch heute noch nicht enthalten.
Für Produktionsfaktoren ist in neueren Untersuchungen die sogen. Produktionsmächtigkeit, eine dimensionslose Größe zwischen 0 und 100 % definiert.
Die Produktionsmächtigkeit gibt an, mit welchem Gewicht Änderungen eines Faktors auf die gesamte Wertschöpfung durchschlagen. Eine Produktionsmächtigkeit für das eingesetzte Kapital von 50% würde z. B. bedeuten, wenn der Kapitaleinsatz um 10% erhöht würde, würde die Gesamtwertschöpfung um 10 x 0,50 = 5% steigen.
Für die
Jahre 1960 – 200 ergeben sich für Deutschland im Mittel folgende Produktionsmächtigkeiten
Kapital 33%
Menschliche (Routine-)Arbeit 12%
Menschliche Kreativität 14%
Energie 41%
Ähnliche Werte wurden für die USA und Japan ermittelt.
Diese Werte für die Produktionsmächtigkeit stehen in einem krassen Missverhältnis zu den Kosten der Faktoren:
Menschliche Arbeit 65%
Energie 5%
Eine Ausweitung des Faktors Arbeit um z. B. 10% lässt die
Gesamtkosten um 10 x 0,65 = 6,5%, die Wertschöpfung nur um 10 x 0,12 =1,2% steigen.
Wird dagegen der Energieeinsatz ebenfalls um 10% gesteigert, steigen die
Kosten um 0,5%, die Wertsteigerung aber um ganze 4.1%!
Der Faktor Energie ist also etwa fünf mal produktiver, als menschliche Arbeit.
Angesichts dieser Zahlen kann ein betriebswirtschaftlich geführter Betrieb praktisch gar nicht anders, als menschliche Arbeitskraft möglichst weitgehend durch Maschinen, d. h. Energie, zu ersetzen., was in der Tat ja laufend geschieht und der Hauptgrund der hohen Arbeitslosigkeit ist. Im Blickpunkt sind weniger die Nettolöhne, als vielmehr die „Lohnnebenkosten.“ Die Unternehmer müssen indirekt letztlich auch die Steuern und Sozialausgaben ihrer Mitarbeiter aus ihrem Personaletat bezahlen.
Der Solarenergie – Förderverein Deutschland e. V. schlägt deshalb Folgendes vor:
1 Die Lohnsteuer wird gestrichen)1.
2 Der Arbeitgeberanteil an Renten- Arbeitslosen und Krankenversicherung wird gestrichen und durch einen Anspruch direkt an den Staat ersetzt.
3 Die Steuern auf Energie werden so erhöht, dass die nach 1 und 2 auf den Staat entfallende Mehrbelastung ausgeglichen wird und zusätzlich an jeden Bürger ein Energiegeld von 100 € je Monat und Person ausbezahlt werden kann.
Die Energiesteuer hätte folgende praktische Auswirkungen
Ersatz des Arbeitgeberanteils der Sozialversicherung + 4 Cent zur Finanzierung des Energiegeldes ergibt
+ 12 Cent Zuschlag je kWh Strom
+ 100 Cent Zuschlag je Liter Benzin, Heizöl und Diesel
+ 120 Cent Zuschlag je Kubikmeter Erdgas
Folgen für die Verbraucher.
- durch deutlich höhere Energiepreise verstärkter Anreiz zum Energiesparen
- durch das Energiegeld für den „Normalverbraucher“ Kostenneutralität
- wer sehr sparsam mit Energie umgeht, ist finanziell besser gestellt, als vorher
- wer z. B. kein Auto hat und nur dessen Nachteile erleidet, Abgase, Lärm, Unfallgefahr, bekommt immerhin über das Energiegeld einen kleinen finanziellen Ausgleich
Folgen für die Wirtschaft
- arbeitsintensive Betrieb erfahren eine deutlich Entlastung
- das Interesse der Kapitalgeber und Unternehmer würde sich mehr auf personalintensive Betriebe richten
Folgen für Staat und Gesellschaft
- durch die drastisch gesenkten Kosten für menschliche Arbeit können soviel Krankenschwestern, Ärzte, Professoren, Richter, Lehrer usw. eingestellt werden, wie von der Sache her erforderlich und nicht nur so viele, wie nach dem derzeitigen Etat möglich (In Finnland arbeiten bezogen auf die Schülerzahl fünf mal so viel Lehrer, wie bei uns) Das bedeutet, dass vor allem die für die Zukunftsicherung erforderlichen Wirtschaftszweige Erziehung, Ausbildung, Forschung und Lehre gestärkt würden.
- die Verlagerung der Steuer- und Abgabenlast von der Arbeit zur Energie wird zu einer strukturellen Stärkung des Faktors Arbeit und dadurch den Einfluß des Faktors Kapital reduzieren.
- Die Verteuerung der Energie würde die Transportkosten erhöhen und so die regionale Wirtschaft stärken und ökologisch unsinnige Transporte erschweren (Z. B. Kartoffeln zum Waschen nach Polen fahren)
Natürlich ist eine derart fundamentale Umstellung nicht über Nacht zu erreichen, sondern muß in kleinen Schritten über mehrere Jahrzehnte verwirklicht werden.
Anmerkungen
)1 um Entlastungen auf den Bereich der unteren und mittleren Einkommen zu konzentrieren, wäre eine Senkung des Einganssteuersatzes und Erhöhung des Grundfreibetrages besser
In der Bundesrepublik trugen 2002 zum
Gesamtsteueraufkommen von 441,7 Mrd bei 2007
kamen zum Lohn , den der unternehmer
hinzu
Lohn-
und Einkommensteuer (einschl. Solidaritätszuschlag) 149,9 Mrd Rentenversicherung 19,9%
Umsatzsteuer 138,2
Mrd Arbeitslosenversicherung 4,2%
Gewerbesteuer
23,5 Mrd Krankenkasse
(durchschn.) 14,3%
Mineralölsteuer
42,2 Mrd Pflegeversicherung 1,7%
Stromsteuer 5,1 Mrd
Oft wird von einer Kostenexplosion der Sozialleistungen
gesprochen. Tatsächlich hat sich die Sozialleistungsquote, bezogen auf das
Bruttonationaleinkommen (früher Bruttosozialprodukt) von 30% in 1970 lediglich auf 32,1% in 2001 erhöht.
Als großes Problem wird auch der demografische Wandel
genannt. Tatsächlich würden in einer „jüngeren“ Gesellschaft zwar die
Rentenkassen durch weniger Rentner entlastet, dafür aber die Arbeitslosenkasse
durch mehr junge Arbeitsuchende stärker belastet.
Bei den heutigen Krisenerscheinungen
der Wirtschaft handelt es sich nicht um eine Wirtschaftskrise im eigentlichen
Sinn, sondern um eine tiefe, strukturelle Schwäche des Faktors Arbeit, die aus
dem Ungleichgewicht von zwischen Energie und Arbeit resultiert. Angesichts der
hauptsächlichen Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben über Steuern und Abgaben
auf den Faktor Arbeit hat diese strukturelle Schwäche dazu geführt, dass die
gleichermaßen wichtigen Ziele „Schaffung von Arbeitsplätzen“ und „Finanzierung von Sozialstatt, Bildung
usw.“ in einen scheinbar unauflöslichen Grundkonflikt geraten sind: Um die
Schaffung neuer Arbeitsplätze zu erleichtern, müsste Arbeit „billiger“ werden,
was den Abwurf des „sozialen Ballasts“ gebieten würde, also die Preisgabe des
zweiten Ziels.
Diese Ausarbeitung stützt sich auf den Sonderdruck „Energie und Zukunft“, Ausgabe 2, herausgegeben vom Solarenergie – Förderverein, Herzogstr. 6, 52070 Aachen
Weitere Informationen unter www.sfv.de